Begleiterkrankungen

Neben der Sucht, körperlichen und sozialen Problemstellungen leiden viele DrogenpatientInnen unter ausgeprägten psychischen Störungen. Der Fachbegriff dazu heißt Komorbidität (= Diagnose von zwei oder mehreren gleichzeitig, nebeneinander oder nacheinander auftretenden Erkrankungen).

Damit Betroffene adäquat behandelt werden können, müssen Begleiterkrankungen erkannt und diagnostiziert werden.

Komorbidität – ein unterschätztes Phänomen

Komorbidität wird oft unterschätzt zu selten diagnostiziert. Bei komorbiden DrogenkonsumentInnen unterscheidet man zwei Hauptgruppen:

  1. In der einen Gruppe dominiert die psychiatrische Erkrankung.
  2. In der anderen Gruppe ist die Drogenabhängigkeit das vorherrschende Merkmal.

Gruppe 1:
In Europa leiden heute rund 30 bis 50 Prozent aller sich in psychiatrischer Behandlung befindenden PatientInnen, neben der psychischen Erkrankung, unter einer Substanzstörung – meist eine Abhängigkeit von Alkohol, Sedativa und Cannabis.

Gruppe 2:
Bei KlientInnen von Drogentherapiezentren, die unter einer Begleiterkrankung leiden, zeigt sich überwiegend ein anderes Profil. Hier beherrschen Heroin-, Amphetamin- oder Kokainabhängigkeit und eine oder mehrere Persönlichkeitsstörungen das Bild der Diagnose. Auch Depressionen und Angstzustände sind üblich und – wenn auch in geringerem Maße – psychotische Störungen.

Die Opiate an sich verursachen keine körperlichen Schäden, sondern die Umstände, unter denen die PatientenInnen leben und mit den Drogen umgehen.

Dr. Ekkehard Madlung-Kratzer, Ärztlicher Leiter Fachstation für Drogenentzug, Psychiatrisches Krankenhaus Hall/Tirol

Die optimale Behandlungsmethode

Diese Unterscheidung beeinflusst die Wahl der optimalen Behandlungsmethode. Beide Patientengruppen sind häufig über einen längeren Zeitraum auf eine kombinierte, allerdings unterschiedliche pharmakologische und psychosoziale Behandlung angewiesen. Komorbide PatientInnen haben also vielfältige psychische, physische und soziale Probleme, die identifiziert und diagnostiziert werden müssen.

Es gibt keine psychosoziale Einzelmaßnahme der Drogentherapie, die sich in der Behandlung von Komorbidität als allen anderen überlegen erwiesen hätte. Die Behandlung von komorbiden PatientInnen erfordert eine langfristige integrierte Betreuung durch verschiedene Dienste.